Kommission des Senat der Wirtschaft leitete Impuls auch an Bundesminister für Digitalisierung Volker Wissing
„3/4 ist nicht IT“ lautet eine Überschrift im Blueprint. Damit ist gemeint, dass der digitale Wandel in der Hauptsache kein technisches IT-Thema ist! Die IT bildet freilich die Grundlage. Wer jedoch versucht, den digitalen Wandel rein durch digitale Technologien und die Erweiterung der IT-Infrastruktur zu vollziehen, wird scheitern. Vielmehr geht es auch um die Rollenverteilung in Unternehmen. Insbesondere der Mittelstand ist gefordert, seine tradierten und vom Erfolg verwöhnten Strukturen zu hinterfragen und zu transformieren. Sind die erforderlichen Fähigkeiten vorhanden? Sind die Führungskräfte „fit for digital“? Es geht darum, die Perspektive des Unternehmens zu verbreitern, den Blick auf die mehr und mehr digitale Zukunft zu richten. Schnell wird klar, dass der Mittelstand in vielen Fragen vor großen Herausforderungen steht.
Nie zuvor beschäftigte uns das Thema Nachhaltigkeit mehr als in den vergangenen 1-2 Jahren. Die Pandemie erzeugte eine Mischung aus Ohnmacht und Aufbruch in den Unternehmen. Wir mussten erkennen, wie uns die Folgen der Pandemie prozessuale Vorgaben in den Unternehmen diktierten. Homeoffice und die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit der digitalen Fähigkeiten wurden transparent. Der Sturm deckte Mängel im Fundament auf, sowohl in Unternehmen als auch in staatlichen Organisationen.
Die meisten Unternehmen konnten mit beherzten Maßnahmen ihre Arbeitsfähigkeit erhalten. Doch abseits dieser direkten Auswirkungen kommen nun die Spätauswirkungen, z.B. die unterbrochenen Lieferketten, anhaltend auf die Unternehmen zu. Die Wettbewerbsfähigkeit wird auf den Prüfstand gestellt. Die Pandemie wird zur Zäsur im wirtschaftlichen Fortbestehen. Während bei manchen jungen, digital aufgestellten Unternehmen der Sturm keine Schäden anrichten konnte, kämpfen viele Traditionsunternehmen mit ihren Legacy-Strukturen. Auch in der Politik kamen die zum Teil besorgniserregenden Zustände der Organisationen zum Vorschein. Verwaltung, Bildung oder sogar die Supply Chain von Impfstoffen zeigten massive Lücken bei der Gestaltung und Umsetzung digitaler Methoden.
All das zeigt uns, dass ohne konsequente und effiziente Digitalisierung nachhaltiges und resilientes Wirtschaften nicht möglich ist. Das gilt für die Industrie ebenso wie für Politik und Verwaltung. Die drängende Frage ist daher, wie der erforderliche Transformationsprozess erfolgreich organisiert werden kann. In der Kommission „Digitale Zukunft“ beschäftigten sich die Arbeitsgruppe mit den Senatoren Dan Bauer, Carsten Claus, Dr. Andreas Rebetzky, Mario Zimmermann, Robert Szilinski, Klaus Kruppel und Dr. Matthias Kühnrich mit der Materie. Außerdem war die ehemalige Leiterin der Kommission, Dr. Eva Kesternich maßgeblich an der Erstellung des Blueprints beteiligt. Daraus entstand ein essenzieller Blueprint, der die Notwendigkeit des Wandels mit einem analytischen und methodischen Vorgehensmodell verknüpft.
Ein pragmatischer Leitfaden der Senatskommission: der Blueprint für digitale Transformation im Mittelstand
Der Blueprint für digitale Transformation im Mittelstand identifiziert in einer digitalen Inventur die relevanten Themen eines Unternehmens. Das kann das Thema der Lieferketten ebenso sein wie das des digitalen Vertriebs. In jedem Unternehmen gibt es hervorragende Köpfe, die katalytisch inspiriert die Zukunft gestalten können. Wer könnte besser die Differenzierung der eigenen Produkte bewerten als die innovativen Köpfe des Mittelstands? Das vielleicht fehlende Quäntchen digitaler Innovation könnte durch einen digitalen Dirigenten erzeugt werden. Dieser wird im Blueprint beschrieben. Er ist ein emphatischer Impulsgeber für digitale Themen, der die Roadmap des Unternehmens moderiert, aber auch aktiv gestaltet. Ein inspirierter und inspirierender Akteur, der die Implementierung des digitalen Wandels anstößt. Es ist ein Imperativ für den Mittelstand, sich mit der digitalen Zukunft strukturiert, analytisch und mit zielgerichteter Methodik zu befassen.
Das mag sich nach einem gigantischen und untragbaren Unterfangen anhören. Der Blueprint gibt jedoch Hinweise, wie Unternehmen jeglicher Größe damit umgehen können. Er zeigt auf, dass die digitale Anamnese mit der daraus abgeleiteten Richtungsweisung nur wenige Monate in Anspruch nimmt. Abseits von den digitalen Modewörtern wird eine digitale Roadmap gestaltet, die dem Unternehmen als Leitfaden für die Umsetzung dienen kann.
Allerdings ist es nicht getan mit digitalen Alibiprojekten. Gerne werden solche Projekte als Beweis angeführt, man sei in der Digitalisierung schon weit. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Fokus primär auf Automatisierung und IT-Infrastruktur liegt. Ein trügerischer Zustand, denn die digitale Transformation betrifft vor allem den Mitarbeiter, den Menschen und ist nur nachgeordnet eine Technologiefrage. Daher beleuchtet der Blueprint auch die Kommunikation des digitalen Wandels durch Transparenz und dem Aufzeigen der Möglichkeiten des Wandels.
Es gilt die Dringlichkeit, mittelständischen Unternehmen bewusst zu machen, die bestehende Komfortzone zu verlassen. Denn viele Mittelständler haben einen guten Auftragsbestand und schieben gerne die digitalen Initiativen auf einen späteren Zeitpunkt. Das könnte dann jedoch zu spät sein. Denn die digitale Transformation benötigt auch ihre Zeit und beginnt in den Köpfen der Mitarbeiter. So schließt der Blueprint auch mit der Erkenntnis, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Aber haben wir das nicht schon einmal gehört?